Wenn man alles so liest, denkt man, das ist richtig viel. Aber das waren gerade einmal die ersten 15 Seiten. Die Drachen tauchen erst etwas später auf, so ungefähr Kapitel 4, Seite 55.
09.
Dezember
Am nächsten Morgen ist
schon der Tag des Abschieds.
Also ist Kofferpacken
angesagt!
Es dauert ewig lange
bis wir alles gepackt haben, weil wir zwischendurch irgendwelchen Unsinn
machen. Ja, so sind wir Mädchen eben.
Zum Beispiel …
»Ähm, Alicia?«, sage
ich verdutzt, »Was macht ein Slip von dir in meinem Bett?«
»Was?!« Sie springt
sofort von ihrem Koffer hoch und stürzt zu mir.
»Hast du etwa in
meinem Bett etwas Ekelhaftes gemacht?«, frage ich sie mit einem finsteren
Blick. »Hättest du nicht danach das Bettzeug wechseln können?«
Sie ist knallrot im
Gesicht. »Ach, Quatsch! Ich hab nichts getan!« Als sie mein grinsendes Gesicht
sieht, schmollt sie. »Da ist gar kein Slip, oder?«, fragt sie beleidigt.
»Nö.« Jenny und ich
lachen uns kaputt.
Ja, ja, was uns
Mädchen so alles zum Lachen bringt.
Irgendwann laufen
Mary und ihre Anhängerinnen an unserem Zimmer vorbei und tuscheln beim
Vorbeigehen.
»Bei der Rallye
vorgestern hat Nat die ganze Zeit mit Ty geflirtet. Kapiert sie denn nicht,
dass er auf mich und nicht auf sie steht? Warum denkt sie, sie könnte
irgendeinem Jungen gefallen?«
»Felix aus der 9c
gefällt Ferdaya«, meint Lila. Ferdaya ist ein seltsamer Spitzname, den sich
Lilia und Lila für mich ausgedacht haben. Ich weiß nicht warum, aber sie nennen
mich seit der ersten Klasse so. Ich hoffe das hat gemeine Bedeutung auf
irgendeiner Sprache!
»Felix ist ja auch
ein Hohlkopf«, kontert Mary.
»Vor einer Woche
meintest du doch, er sei total hinreißend«, verteidigt Lilia ihre
Schwester. »Ich verstehe nicht, warum sich deine Meinung so oft ändert. Da
fällt es einem sehr schwer mitzuhalten.«
Jetzt hat Mary genug.
»Wenn ihr Natalie so sehr mögt, warum verbringt ihr eure Zeit dann nicht mit
ihr?«, faucht sie die Zwillinge an und geht weiter. Die Zwillinge folgen ihr.
Als sie ganz
verschwunden sind, lache ich. »Das war ja interessant. Fandet ihr nicht auch?«
Sie sehen mich
irritiert an. »Worüber lachst du?«
»Na, über das
Gespräch des Girly-Trios!«
Dadurch sehen sie
noch irritierter aus.
»Wann haben die denn
geredet?«, fragt Alicia schließlich.
Oh, oh. Ich weiß,
dass dieses Gespräch wieder dazu führen wird, dass meine Freunde mich für verrückt halten. Zu meinem
Glück kommt dann Elvis.
»Was steht ihr da
rum? Los, Koffer packen, Betten machen, aufräumen! Hopp, hopp, hopp!«
Wir stöhnen
gleichzeitig. »Ja, Frau Effis.«
Acht Stunden später
sind wir dann an der Bushaltestelle vor unserer Schule. Mein schönes Remscheid!
Mein Vater (sein Name
ist Jonathan, Jonathan Wende) hat sich an dem Tag frei genommen, um mich
abzuholen.
»Wie war´s?«,fragt er
mich.
»Gut. Und wie hast du
die Tage ohne mich überlebt?«
»In der Klinik«,
gesteht er.
»Ich weiß. Da bist du
schließlich jeden Tag.« Das liegt aber daran, dass er da arbeitet, er ist Psychotherapeut. Das nervt aber oft,
weil er mich immer wegen der merkwürdigen Geräusche untersuchen will. Er sagt
es aber immer scherzhaft, er meint es nicht ernst.
Im Gegensatz zu
einigen anderen Vätern ist meiner voll gelassen. Nur manchmal wirkt er
verzweifelt, wenn er der Meinung ist, die Situation nur mit der Hilfe einer
Mutter zu schaffen.
Über meine Mutter
weiß ich nicht viel. Ich weiß, dass sie Katharina heißt, 33 Jahre alt ist
und braune Haare hat, meine Haare sind
nämlich auch braun, und die meines Vaters schwarz. Von ihm kommt die Farbe
demnach nicht!
Ich wundere mich oft
über meine Situation. Mein Vater war damals, als ich geboren wurde, 19. Meine
Mutter war 17. Sie sind nicht verheiratet, und bei solch einer Situation hat
normalerweise die Frau das Kind am Hals und der Mann verschwindet oder bleibt.
Aber ich bin bei meinem Dad und meine Mutter ist nicht da! Lustig, ne?
Jenny kommt mit zu
uns nach Hause, weil ihre Eltern noch bei der Arbeit sind.
Nachdem ich meine
Sachen ausgepackt habe, labern wir noch ein wenig über aktuelle Ereignisse. Zum
Beispiel über Ty und mich oder sie und Max.
Vielleicht sollte ich
es jetzt üben, das Gedanken lesen.
Wie soll ich es
anstellen? Am besten versuche ich es ganz direkt.
Ich will deine
Gedanken lesen, Jenny. Zeig mir deine Gedanken.
Warum sieht sie mich
so komisch an? Sie blickt auf meine Stirn. »Hab
ich da was?«, fragt sie laut und deutet auf ihre Stirn. Es hat funktioniert!
Ich hab´s drauf! Das erzähle ich ihr.
»Nein. Aber weißt du
was ich kann? Ich kann …«, beginne ich, werde aber von der Haustürklingel
unterbrochen. »Ich guck mal kurz.«
Ich gehe zur Tür,
öffne sie und …
… draußen ist keiner.
Dafür liegt ein
hübsch dekoriertes Päckchen auf der Türschwelle. Daran stehen auf einem
verzierten Kärtchen zwei Wörter:
Natalie Wende
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