4. August 2013

Kapitel 1 1/4

Es ist nur 1/4 des ersten Kapitels, weil ein Kapitel soo lang ist.
Zur Orientierung: Natalie ist auf Klassenfahrt in Italien. noch passiert nichts besonders aufregendes.




1. Kapitel


07. Dezember
Ich stehe auf einer Waldlichtung, auf der nur Tulpen blühen (meine Lieblingsblumen). Vor mir steht ein mir wohl bekannter junger Herr, dessen meerblaue Augen mich jedes Mal verzaubern, obwohl ich ihn nun schon sehr lange kenne. Nur normalerweise sind sie nicht meerblau, sondern braun.
Warum wachsen hier nur Tulpen?, ist meine Frage.
Das habe ich nur für dich gemacht, Anira. Du magst doch Tulpen, nicht?,   fragt mein Gegenüber.
Ich mag Tulpen, aber ich heiße nicht Anira, mein Name ist ...
Und dann vernehme ich den verzweifelten Schrei meiner Freundin Jennifer Torvilli und wache auf.
Da ich eine gute Freundin bin, stehe ich auf und sehe nach Jenny. Und wie ich es mir schon gedacht habe, war es ein Albtraum gewesen, der meine Freundin hatte schreien lassen.
Noch immer wälzt sie sich schreiend und schlafend in dem Bett unter meinem (das Bett ist ein Etagenbett). Ich klettere aus meinem Bett und berühre ihren Arm, damit ich sie wachrütteln kann. In meinem inneren Auge sehe ich Folgendes:
Jenny steht auf einem sehr hohen Gebäude. Dreißig Stockwerke ist es hoch. Sie steht direkt am Abgrund und  blickt in die Tiefe. Hinter ihr stehen wir, unsere Klasse. Wir haben alle prächtige Flügel auf dem Rücken, nur Jenny nicht. Wir werden uns alle von dem Gebäude stürzen, wir sehen aber nicht, dass Jenny gar nicht fliegen kann …
Ich weiß nicht, woher diese Bilder kommen. Sie sind einfach da.
»Jenny, komm zu dir! Jenny!«
»Waahhh!«
Und dann wacht sie endlich auf.
»Oh, Natalie. So früh schon wach?«, murmelt sie verschlafen. Sie fährt mit ihren Fingern durch ihre schwarze Bobfrisur.
Ihr seht, mein Name ist nicht Anira, sondern Natalie, Natalie Wende.
»Hättest du dich auch schreien hören, wärst du nicht so verwundert.«
Alicia Richter, die gerne Leute belauscht und unser Gespräch mitbekam, meldet sich zu Wort.
»Sie hat doch gar nicht geschrien!«
»Ich glaube, ihr seid taub, wenn es euch passt!«
»Wenn sie geschrien hätte, hätte ich das wohl mitbekommen. Und Lila wäre auch aufgewacht.«
Ich werfe einen Blick zu Lila Sommer, die immer noch friedlich schläft.
Seltsam...
Ich habe angeblich mal wieder etwas vernommen, das die Anderen nicht hören.
Das hat an meinem 16. Geburtstag vor einem Monat begonnen.
Jemand hat geflüstert, und als ich meine Freunde darauf hingewiesen habe, hatten sie nichts gehört. Das ging die ganze Woche so, und ich habe anfangs angenommen, dass dies nur ein Scherz ist. Aber als ich erfuhr, dass auch die Erwachsenen nichts hören, war ich mir sicher, irgendetwas stimmt nicht. Ich konnte und kann mit keinem darüber reden, weil ich die Einzige bin, die diese Geräusche hört. Nach und nach kamen auch noch weitere Geräusche hinzu, wie Schreie, Tierlaute und das Plätschern von Wasser. Bilder, die ich plötzlich sah. Aber auch das hörte niemand. Halluzinationen, angeblich.
Also gebe ich es auf, weiter zu diskutieren, setze mich ans Fenster und genieße die Aussicht auf die Stadt.
Wir waren erst vor einem Tag in Calais angekommen. Es gefällt mir sehr gut hier, obwohl ich noch nicht viel von der Stadt gesehen habe. Obwohl sie am Meer liegt, waren wir in einer Jugendherberge mitten in der Stadt platziert. Warum machen wir die Klassenfahrt dann nicht direkt in einer Stadt, die nicht am Meer liegt? Verstehe einer die Erwachsenen. Stattdessen haben sie einen Ausflug in ein Aquarium geplant, das am Meer liegt! Okay, vielleicht ist es Anfang Dezember auch ein bisschen zu kalt fürs Meer.
Ich sehe auf die Uhr über meinem Bett und muss feststellen, dass das Frühstück in fünf Minuten beginnen wird, um acht Uhr. Auch Jenny sieht auf die Uhr.
»Ich denke, wir sollten uns beeilen, sonst macht Elvis Hackfleisch aus uns!«, meint Jenny dann.
Alicia lacht. »Ach, die kann vermutlich gar kein Hackfleisch machen.«
»Ja, aber ich  würde es nicht darauf ankommen lassen!«
»Scheiße! Jetzt habe ich keine Zeit mehr meine Haare zu waschen.« Alicia blickt verzweifelt in den Spiegel an der Wand neben ihrem Bett. Ihre welligen hellblonden Haare sind ein echtes Problem für sie. Sie werden innerhalb von 24 Stunden fettig und kraus. Sie sieht aus, als hätte sie schon eine Woche nicht geduscht, obwohl es gerade mal ein Tag ist. »Was jetzt?«
Ich öffne eine kleine Wasserflasche und schütte sie über ihrem Kopf aus. Klar, was passiert. Sie wird nass.
»Was soll das?«, fragt sie entsetzt. Ich krame den Föhn aus ihrem Koffer und gebe ihn ihr. »Halt.« Dann nehme ich ein Deo aus meiner Tasche und sprühe ihre Haare damit voll. Jetzt hat Alicia verstanden. Sie beginnt sich zu föhnen.
Ich lächle sie an. »Tja, so bin ich. Spontan. Aber das ist natürlich keine Lösung. Nach dem Frühstück solltest du duschen gehen.«
Inzwischen haben Jenny und ich uns umgezogen und frisiert. Alicia zieht ihr Nachthemd nicht aus, sie stopft es in ihre Hose und zieht eine Jacke über. »Tja, so bin ich. Spontan.«
Als wir im Speisesaal ankommen, sind die meisten Tische besetzt, aber wir sind nicht zu spät. Ein Glück, dass jemand es geschafft hat, einen ganzen Tisch für uns freizuhalten. Dieser Jemand ist James Messing, der Junge, von dem einige vermuten, heimlich mit Alicia zusammen zu sein. Aber ich weiß es besser. Ich bin ja nicht blind.  Sie sind nicht zusammen. Sie passen so gut zusammen, wie die Faust aufs Auge, aber sie lieben sich nicht. Wo Lila sich hinsetzen wird ist mir egal, denn sie ist die Zwillingsschwester von Lilia Sommer, und beide gemeinsam sind 'Anhänger' meiner Feindin Marilena Thiel, auch Mary genannt. Die drei zusammen bilden das Girly-Trio. Lila ist in unserem Zimmer, weil Mary nur ein Zweier-Zimmer abbekommen hat.
Ich begebe mich zum Büfett, wo ich mir einfach eine Schüssel mit Schoko-Müsli hole. Kaum sitze ich am Tisch, da kommt auch schon unsere Lehrerin Larissa Effis, die von uns, den Schülern, Elvis genannt wird, um uns den Tagesablauf mitzuteilen.
»Bonjour, mes enfants«, begrüßt sie uns. »Ich hoffe, ihr habt gut geschlafen. Heute werden wir eine Stadtrallye machen. Die Gruppen hatten wir ja schon eingeteilt. Wir werden alle gemeinsam losgehen. Bis dahin habt ihr eine Stunde. Wenn ihr etwas kaufen möchtet, solltet ihr Geld mitnehmen. Nach dem Frühstück schickt dann jede Gruppe eine Person zu mir, die die Blätter für die Rallye abholt. Weiteres besprechen wir später. Bon appétit
Eine Stunde. Um halb zehn. Reicht für eine Dusche. Wo die Waschräume sind weiß ich schon.
»Hey, ich gehe duschen, bis dann« Ich hole mein Zeug und gehe duschen. Hatte ich schon erwähnt, dass ich duschen gehe?
Als ich mich einshampooniere, bemerke ich mal wieder das Muttermal auf meiner linken Schulter. Es hat die Form einer Tulpe. Vielleicht sind Tulpen deswegen meine Lieblingsblumen und wachsen jedes Jahr in unserem Garten, obwohl sie niemand dorthin gepflanzt hatte. Wer weiß? Obwohl das nicht wirklich Sinn macht. Die Blumen hat vermutlich der Besitzer vor uns gepflanzt. Mein Vater sagt, das Muttermal solle nie jemand sehen, es sei denn, meine Mutter wär dabei. Doch da meine Mutter verschwunden ist, kann ich weder Tops tragen, noch schwimmen gehen. Nicht, dass ich nicht wüsste wie man schwimmt, wir haben einen Pool im Garten.

2 Kommentare:

  1. Girly Trio ;) Hört sich cool an ;)
    Aber wieso sprüht sie Deo auf Alicias Haare?

    Lg Mila

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    1. Hmm ...Gute Frage eigentlich.Ich denke, ihre Haare riechen auch so, als hätte sie eine Woche nicht geduscht. Das habe ich wohl beim Schreiben gedacht, aber dann nicht aufgeschrieben.

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