11. August 2013

Kapitel 1 2/4

Hier kommt der zweite Teil von Kapitel 1.
Ich würde die anderen Teile ja verlinken, aber da ich diese Posts verfasse, bevor sie veröffentlicht wurden, habe ich leider keinen Link :) Also, falls ihr den Anfang verpasst habt, müsst ihr selbst suchen.
Zur Orientierung: Natalie und ihre Gruppe beginnen mit der Rallye. Es passiert auch hier nicht wirklich etwas Interessantes, obwohl das am Ende das erste Zeichen für ihre ... Besonderheit ist. 
PS: Das Bild habe ich als provisorisches Buchcover gezeichnet.


Als ich das nächste Mal auf die Uhr sehe, habe ich noch fünf Minuten. Das war, nachdem ich mich umgezogen habe. Ich nehme noch meine Tasche und suche mir die Schuhe aus, die am besten zum Outfit passen. Jetzt trage ich einen langen grauen Mantel, eine Röhrenjeans, einen violetten Schal und braune Stiefeletten.
Ich gehe raus auf den Hof, auf dem schon einige standen und gehe zu den anderen aus meiner Gruppe.
»Hey!«, begrüßt mich Tyler Eage, der bei Mary und James stand. Ich bin ehrlich nicht gerne in der Nähe von Mary, aber die Gruppen hat Elvis eingeteilt. Und Tyler … darüber bin ich insgeheim froh, auch wenn ich das nicht laut zugebe. Denn er ist der Junge, in dessen braunen Augen ich mich verliere... Außerdem kenne ich ihn gut, weil wir sei sechs Jahren in die selbe Klasse gehen und weil er mein Nachbar ist und auch, weil er und ich im selben Basketballverein sind.

»Hey. Habt ihr die Blätter?«, will ich wissen.

»Klar.« Natürlich ist es der zuverlässige James, der die Blätter für die Stadtrallye hat. James ist sehr nett und extrem schlau. Er weiß manchmal die seltsamsten Sachen, die eigentlich niemanden wirklich interessieren. Er hat dunkelbraun bis schwarze Haare, die immer ordentlich durcheinander sind. Er braucht manchmal echt lange, um eine Frisur hinzubekommen, die aussieht, als hätte er sie gar nicht erst gekämmt.

»Natürlich hat er die Blätter. Sonst taugt er ja eh zu nichts.« So Miss Mary. Da James und ich uns daran gewöhnt haben, ignorieren wir sie ganz von selbst. Wir kennen sie schon lange genug, um immer schon einen Augenblick vor ihrer Bemerkung zu wissen, ob und was sie sagen wird. Sie fühlt sich nun mal besser, wenn sie nicht im Schatten anderer steht. Und dafür muss sie eben andere beleidigen, so lautet ihre Logik.

»Cooler Schal, lila steht dir. Du siehst also ganz gut aus«, bemerkt Ty. Er grinst mich an. Seine dunkelblonden welligen Haare fallen ihm leicht auf die Schultern.

»Du auch«, entgegne ich ehrlich.

Dann kommt Elvis und wir machen uns endlich auf den Weg ins Stadtzentrum.
Juhu (Ironie).
Immerhin ist der Weg nicht lang und die Regeln sind einfach.
»Ihr füllt die Blätter aus und kommt in zwei Stunden hierher, auch wenn ihr noch nicht fertig seid. Die Gruppe, die als erstes zurück kommt und alles richtig hat, bekommt eine Woche lang keine Hausaufgaben auf.. Auf geht´s und viel Glück!«
Nach einer kurzen Abstimmung (alle gegen Mary), beschloss unsere Gruppe eine Stadtkarte zu kaufen. Also gingen wir in den nächsten Laden, den wir fanden.
»Bonjour, Mesdames et Messieurs. Peux-je vous aider?«, begrüßt uns eine Angestellte freundlich.
Ich blicke die Anderen an. Keiner von uns kann Französisch, wir hatten alle Latein als zweite Fremdsprache gewählt. Also drehe ich mich zu der Verkäuferin um und versuche es einfach. »Bonjour Madame. Wir möchten bitte einen Stadtplan«, sage ich, aber aus meinem Mund kommt: »Bonjour Madame. Nous voulons un plan de la ville, s´il vous plaît.«
Seit wann kann ich denn Französisch? Ich hatte nie in meinem ganzen Leben die französische Sprache gelernt, also musste es mir angeboren sein.War so etwas überhaupt möglich? Anscheinend schon. Irreal und sogar etwas unheimlich, aber cool.
Seltsam war, dass keiner der drei mich darauf ansprach. Also lasse ich es darauf beruhen und sage auch nichts. Aber ich wundere mich. Wir kaufen den Stadtplan und beginnen mit der Rallye.
Für den ersten Punkt auf dem Blatt müssen wir durch eine belebte Einkaufsstraße. Ständig bleibt Beautyqueen stehen. Sie nervt uns mit ihrem Gequatsche über Anziehsachen, teuren Marken, die sie sich leisten kann, über die allerneuste Mode aus Paris oder Amerika, und, und, und. Ich weiß das alles auch, aber das ist kein Grund dafür andere Leute zu belästigen. Nach einer halben Stunde setzen wir uns hin und machen eine Pause.
Ich lehne mich an Tylers Schulter. »Zum Glück liegt kein Schnee«, murmele ich. »Die Blätter an diesem Baum sind sogar noch dran.«
»Das ist eine Edelkastanie«, sagt James. Er weiß alles. Er ist superschlau, ein Einserschüler. Er ist aber kein Streber. Und bei Nachfrage erklärt er mir immer alles ganz nett. »Eine Castanea sativa.«
»Woher weißt du das schon wieder?«, frage ich verblüfft.
»Ich weiß eben ´ne ganze Menge. Ich merke mir nämlich vieles, was ich höre.«
»Du weißt doch bestimmt noch mehr, oder?«
»Die Früchte der Edelkastanie sind essbar. Im Mittelalter war sie in Bergregionen Südeuropas ein Hauptnahrungsmittel. Im 20. Jahrhundert …«
»Es interessiert keinen, Streberchen. Behalte das ruhig für dich«, unterbricht Mary ihn.
»Blöde Kuh«, murmelt der Rest unserer Gruppe.

Der Rest der Rallye ist nicht besonders interessant, also fasse ich es kurz: Wir haben alle Punkte bearbeitet und waren als Erste am Ziel. Elvis sah sich die Papiere an, und musste feststellen, dass alles stimmte. Wir hatten gewonnen. Während wir uns über unsere Belohnung freuten, warteten wir auf die anderen. Als die letzte Gruppe kam, war bereits eine halbe Stunde vergangen. Dann konnten wir endlich zurück zur Jugendherberge.
Das nächste Interessante an dem Tag ist, dass ich beim Abendessen wieder Stimmen höre.
- Was machst du, Junge! Jetzt bin ich voller Milch. Das macht Flecken. Bist du bescheuert?
Ich blicke mich um. Und tatsächlich finde ich ein Mädchen, über das gerade ein Glas Milch gekippt wurde. Aber, anders als die Stimme in meinem Kopf, nimmt sie es ganz gelassen. Zumindest tut sie so.
Okay. Ich kann mir sicher sein, dass ich Gedanken lesen kann. Manchmal. Ich sollte das ausnutzen. Das kann nicht jeder. Ich finde heraus, wie es geht. Irgendwann.

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